Darfst du das essen?

Diese Frage kennt jeder, der vegan lebt. Und jedes mal löst diese Frage ein Augenrollen bei mir aus. Erstmal vorweg: Ich darf ALLES! essen. Ich WILL! aber nicht alles essen. Das ist ein sehr großer Unterschied.

Als ich damals mit dem Gemahl zusammen kam und es in meinen erweiterten Bekanntenkreis durchdrang, dass mein neuer Freund ein Veganer ist und ich ebenfalls veganes Essen esse, wenn wir zusammen sind wurde ich angeguckt, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen. Ich schien mich an dem Rand zur Perversion zu bewegen, bei so viel „Iiihh“ und „Das ist doch wohl nicht dein Ernst?!“ Aussagen, wie da kamen. Die kamen übrigens auch aus dem engeren familiären Umfeld. Aber darum soll es hier nicht gehen.

Eine Bekannte fing an Fragen zu stellen und ich werde die Unterhaltung mal so wiedergeben, wie sie mir in Erinnerung geblieben ist.

Bekannte: „Esst ihr gar kein Fleisch?“

Ich: „Nein.“

Bekannte: „Auch keine Wurst?“

Ich: „Nicht, wenn die Fleisch enthält“

Bekannte: „Aber Käse esst ihr doch, oder?“

Ich: „Nein, das ist ja ein Milchprodukt und somit tierischen Ursprungs.“

Bekannte: „Was? Also auch keinen Joghurt?“

Ich: „Nein.“

Bekannte: „Und was ist mit Eiern?“

Ich: „Nein. Auch Eier sind tierischen Ursprungs und somit nicht vegan.“

Bekannte: „Nicht mal Eier?“

Ich: „Nein, nicht mal Eier. Und bevor du fragst: Honig essen wir auch nicht.“

Bekannte: „Keinen Honig? Und keine Milchprodukte und keine Wurst? Aber was esst ihr denn dann?“

Ich: „Eiswürfel. Wir lutschen Eiswürfel.“

Ich habe das natürlich nicht so stehen lassen und ihr erklärt, dass wir eben alles andere essen. Nur konnte sie sich leider nicht so viel darunter vorstellen. Da wurde mir erst mal richtig klar, dass wir uns, innerhalb unserer Gesellschaft, einfach überhaupt nicht mit unserer Nahrung auseinandersetzen, sondern alles als gegeben hinnehmen.

Auch so Aussagen wie „Ich könnte das ja nicht.“, oder „Ich würde/habe noch nie etwas veganes gegessen.“ zeugen davon, wie unwissend wir doch alle sind. Ich will mich da auch gar nicht rausnehmen. Ich habe mir ja auch keine Gedanken darüber gemacht, was ich esse, bevor ich mit einem vegan lebenden Menschen zusammenkam.

Aber nicht zu wissen, dass jedes Gemüse und jede Kartoffel erstmal vegan ist, bevor wir es in eine Soße aus ausgekochten Karkassen, was übrigens auch nur ein schöneres Wort für Gerippe ist (https://www.dwds.de/wb/Karkasse), tunken, sollte eigentlich klar sein. Somit, ist diese Aussage, dass jemand niemals etwas veganes essen würde, einfach nur super unreflektiert.

Wenn mir jemand sagt, dass veganes Essen gar nicht schmecken kann und mit einer vermeintlichen Erklärung kommt, dass es weder genießbar ist, noch satt macht, und eben deshalb auch gar nicht erst gegessen wird, dem sage ich dann gerne, dass ab sofort Pommes mit Ketchup tabu sind. Oh, und Nudeln mit Tomatensoße sind dann auch raus. Und von Oreos werden zukünftig auch die Flossen gelassen. Schließlich sind die ja ungenießbar. Und Falafel gibt es auch nie wieder!

Ein ehemaliger Kollege, fragte mich tatsächlich mal, ob ich Brot essen dürfte… Was denken Menschen denn eigentlich, was in Brot enthalten sein könnte? Das Brot bis auf wenige Sorten in der Regel vegan ist, war sogar mir klar, bevor ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Das war ein absoluter Augenrollmoment. Eigentlich ging es bei der Frage wohl auch nur darum mich zu nerven. Dieser Kollege und ich waren uns nämlich nicht sonderlich grün.

Fest steht, dass sich kaum noch einer mit seinem Essen auseinandersetzt und wirklich weiß, was da auf dem Teller liegt. Hauptsache Hack für ein paar Cent das Pfund und dazu eine Soße, die nur aus Wasser und einem ominösen Pulver aus eine Tüte zusammen gerührt wurde. Aber wenn ein vegan lebender Mensch ein Stück Tofu anbrät und sich einen Schluck Mandelmilch (Ja, ich weiß, dass es Milch genannt werden darf, wegen Irreführung, aber solange Scheuermilch, Sonnenmilch und Hautmilch das Wort Milch enthalten, weigere ich mich schlicht eine pflanzliche Alternative als etwas anderes zu bezeichnen als Milch!), gönnt, ist das eklig, weil das ja alles voll Chemie und niemand weiß, was da so alles drin ist.

Ja genau, ist klar…

Ich könnte jetzt wirklich noch lange darüber schreiben, was für merkwürdige Aussagen ich schon zu hören bekam, aber das wäre dann doch zu viel.

Was mich allerdings wirklich fassungslos an der Sache macht ist, ich wiederhole mich jetzt noch einmal, ist einfach die Tatsache, dass die meisten Menschen einfach überhaupt keine Ahnung davon haben, woraus ihr Essen besteht. Man geht in den Supermarkt, greift in die Kühltheke holt da was raus auf dem appetitliche Serviervorschläge abgebildet sind und dann wird gefuttert.

Es ist aber nicht nur Unwissenheit, es gibt auch Menschen, die wissen, wie Massentierhaltung aussieht, aber die Umstände ignorieren, weil Ignoranz so viel bequemer ist, als sich damit auseinanderzusetzen. Hier ein Beispiel: Einen Tag nachdem ich Earthlings gesehen hatte, sprach ich mit einer damaligen Freundin drüber, weil ich wusste, dass sie den Film auch gesehen hatte. Ich sagte ihr auch, dass es mir wohl nicht mehr möglich ist, ohne schlechtem Gewissen weiter Fleisch zu essen. Sie lächelte verständnisvoll und sagte dann, dass es ihr anfangs auch so ging, aber wenn ich nicht so viel drüber nachdenke, ist es mir in ca. zwei Wochen egal und ich esse wieder fröhlich mein Schinkenbrot.

Ich war ziemlich entsetzt von dieser Aussage und fragte mich, wie man so unempathisch sein kann. Ich sagte ihr auch, dass ich mit meinem Wissen vielleicht gar kein Fleisch mehr essen möchte, um eben die Fleischindustrie nicht weiter zu unterstützen. Da wurde sie doch tatsächlich ein bisschen sauer. Ich soll jetzt mal entspannt bleiben, schließ wurde Earthlings ja in Amerika gedreht und hat so rein gar nichts mit der deutschen Fleischindustrie zu tun.

Oh, sweet summer child… Man kann sich auch echt alles schön reden, um seine Komfortzone nicht verlassen zu müssen. Und ich denke, dass ist, neben der Unaufgeklärtheit, das größte Problem. Und leider bemerke ich immer wieder, dass sobald man versucht aufzuklären, dann immer irgendwelchen fadenscheinigen Argumente ausgepackt werden, um seine Komfortzone nicht verlassen zu müssen.

Um aber mal wieder zum Kern zurück zu kommen und auch zum Ende: Ich darf alles essen. Ich will es aber einfach nicht!

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie geht ihr mit dieser Ignoranz um? Und wie versucht ihr aufzuklären? Schreibt mir doch gerne einen Kommentar dazu!

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